Ich kam gerade von einem langweiligen Tag im zweiten Monat meiner Ausbildung nach Hause. Ich saß damals in der Registratur und hatte mich schon den ganzen Tag fürchterlich gelangweilt. Obendrein hatte ich auch mal wieder einen Versuch gestartet, das Rauchen aufzugeben und eine Kollegin, die ich erst seit knapp 6 Wochen kannte, hatte mir den halben Vormittag die Ohren vollgeheult, was für ein Arsch ihr Freund doch sei.
Ich fuhr mit der S-Bahn nach Hause, ärgerte mich mal wieder über die lauten Kinder und über den Bus, der mir vor der Nase wegfuhr. Also ging ich den Weg zu Fuß.
Zuhause angekommen, drehte ich erst mal die Anlage auf. Meine damalige Freundin wollte später noch vorbeikommen und ich wollte einfach meine Ruhe haben.
Ich ärgerte mich dann umso mehr, dass plötzlich mein Handy klingelte und kämpfte mit mir, das Gespräch anzunehmen. Ich drehte die Musik leiser und drückte auf die Annahmetaste.
„Ey Alter, guckst du grad Fernsehn? Wenn nicht, mach sofort den Fernseher an!“
Ich besaß damals zu meinem alten Fernseher keine Fernbedienung und musste am Fernseher selber den Powerknopf drücken.
Bis ich zurück am Sofa war, hatte sich das Bild aufgebaut.
Ich vergaß, mich hinzusetzen.
Als ich mich wieder gefasst hatte, rief ich meine Freundin an: „Bring Kippen und was zu trinken mit. Es könnte ein langer Abend werden.“
Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr mir der Ablauf dieses Tages noch im Gedächtnis ist. Normalerweise weiß ich ja schon nach zwei Stunden nicht mehr, was ich gemacht habe. Aber dieser Schock, dass der Terrorismus nicht mehr einfach ein finsteres Gespenst aus den 70ern war, sondern mit einem Schlag für mich und den Rest der Welt real wurde, hat mir diesen Tag scheinbar ins Gedächtnis gebrannt. Klar hat es auch davor ständig Anschläge gegeben, aber als junger Mensch schenkt man diesem Geschehen zumeist doch keine Beachtung.
Ich weiß noch, dass ich mich fürchterlich über die Art der Berichterstattung auf den deutschen Privatsendern geärgert hatte: Da stand Peter Kloeppel vor einer Videoschleife des Flugzeugeinschlag und am unteren Bildrand war eine stilisierte Explosion zu sehen, in der Terror gegen Amerika oder etwas ähnliches stand. Ich fühlte mich irgendwie unangenehm an Werbung für ein Computerspiel erinnert und war von der reißerischen Aufmachung entsetzt. Ich erinnere mich nicht mehr ganz genau, aber ich meine, bei den anderen war es ähnlich. Bei CNN sogar auch... Am nächsten Tag hat keiner gearbeitet. Jedes Gespräch drehte sich nur um diesen Anschlag.
Kurze Zeit später zog meine damalige Freundin in eine Dachgeschosswohnung. Das Bett stand unter einem Fenster in der Dachschräge und das Haus genau in der Nachteinflugschneise des Köln-Bonner Flughafens. In den ersten Nächten haben wir bei jedem uns überfliegenden Flugzeugs ängstlich in den Nachthimmel gestarrt.
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Dienstag, 11. September 2007
Ey Alter, guckst du grad Fernsehn?
Erdacht und meisterlich erzählt vom basser um 17:13
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2 Kommentare:
Hier war es noch Frühmorgen und ichwar grad an der Job gekommen und ging ein Kaffee zu holen, Es stand einige Leute rum und guckten fern. Im Gehirn wusste ich dass ich etwas schrecklich sah, aber wie so oft der fall ist, öffnetete sich mein Mund bevor mein gehirn vollig angeschlatet war, und spruhte in die Leere das Wort "Cool". Ich verstehe es noch nicht.
Blöde Situation... Aber es war ja noch früher Morgen, da ist sowas zu verzeihen!
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