Jupp Fordarbeiter sitzt nach einer langen Nachtschicht müde in der Straßenbahn. Zwischen den Beinen hat er eine Flasche Küppers Kölsch abgestellt, in den Händen hält der die akute Bildzeitung. An einem Artikel über die horrenden Spritpreise bleibt er hängen. Hin und wieder hört man aus seiner Richtung Wörter wie „Sausäcke“, „Verbrecher“ oder „grüne Penner“. Gelegentlich greift er nach seiner Bierflasche und nimmt einen herzhaften Schluck.
Plötzlich ertönt über die Lautsprecher der Straßenbahn folgende Durchsage:
„Verehrte Fahrgäste, wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass der Verzehr alkoholischer Getränke in den Bussen und Bahnen der Kölner Verkehrsbetriebe ab sofort verboten ist.“
Jupp sieht auf. Die Zeitung in seinen Händen sinkt nach unten.
Man kann förmlich sehen, wie die Bedeutung dieser Worte in sein Gehirn sickert und dort mit der Wucht eines Dampfhammers um sich schlägt.
Kein Feierabendbier mehr aufm Heimweg? Nie mehr Vorglühen mit dem Kumpels aufm Weg ins Stadion?
Der Blutdruck steigt, erste rote Flecken bilden sich auf Jupps Wangen, eine Ader auf der Stirn beginnt zu pulsieren.
„Wat is loss he? Kein Bier mieh he in dä Bahn? Wat ne Sauerei!!“
Jupp gerät in Rage, seine Fähigkeit zur vernünftigen Konversation verschwindet zusehends.
Wütend schüttelt er die Bierflasche in der Luft und brüllte unartikulierte Laute in die frühmorgendliche Straßenbahn.
Womit er zu seinem Unglück die Aufmerksamkeit dreier schwarzer Sheriffs mit ihren Dobermännern auf sich zieht.
Sie bitten ihn zunächst höflich, die Bierflasche abzugeben und sich wieder zu beruhigen. Doch Jupp will sich nicht beruhigen. Er schreit mit sich überschlagender Stimme „Nazis“ und „Bullenstaat“, gestikuliert wie wild, das Bier spritzt aus der Flasche gegen das Fenster. Erst, als einer der Hunde, die zwar alle einen Maulkorb tragen, deswegen aber nicht weniger gefährlich aussehen, sein Herrchen bedroht sieht und laut vernehmlich zu knurren beginnt, besinnt sich Jupp eines Besseren. Die Bahn steht gerade an einer Haltstelle. Mit einer Geschwindigkeit, die man ihm nicht zutrauen würde, springt Jupp auf, lässt Zeitung und Bierflasche fallen und schießt wie ein geölter Blitz zwischen den beiden männlichen Sheriffs hindurch, die sich sofort an die Verfolgung machen.
Der weibliche Sheriffs grinst entschuldigend in die Runde der anderen Fahrgäste, hebt mit spitzen Finger Zeitung und Bier auf und steigt ebenfalls aus der Bahn.
Aus dem Fenster sehe ich, wie die schwarzen Sheriffs Jupp bereits gestellt und mit Handschellen gefesselt haben. Einer der drei spricht in sein Funkgerät. In der Bahn verbleibt der Geruch nach verschüttetem Bier und nassem Hund.
Dienstag, 4. Dezember 2007
Jupp...
Erdacht und meisterlich erzählt vom basser um 10:05
Tags: CCAA, Kuriositätenkabinett
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2 Kommentare:
Das jetzt von Brösel gezeichnet - herrlich! :)
Die Gerüche waren also wie immer.
Beste Grüße
Frl. Clauke
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